Linda Baum
Linda hat an der Århus Kunstakademi Kunst studiert und arbeitet seit 2016 als Künstlerin in Berlin. Im Interview teilt Linda ihre Gedanken zu ihrem Kunstwerk „Neue Perspektive“.
Den Welt-MS-Tag hast du 2019 bereits unterstützt: mit deinem Kunstprojekt ONE YEAR VIA ART, das in der Berliner Charité ausgestellt wurde. Was hat dich dazu motiviert?
Das Projekt war meine Idee und ich habe die DMSG (Anm. d. Red.: Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft) und die Charité motiviert mitzumachen.
Ich wurde im November 2017 mit MS diagnostiziert. Um das zu verarbeiten, habe ich die Kunst genutzt und ein Jahr lang jeden Monat mein Gefühl dazu gemalt. Es war mir wichtig, diese Diagnose auch in etwas Positives zu verwandeln. So habe ich mich entschieden, mit diesen Werken eine Ausstellung zu machen, sie zu versteigern und den Erlös an die MS-Forschung zu geben.
Ich habe auch ein Buch dazu gemacht, in dem ich zu jedem Bild meine Gedanken schildere und das ich mit Fotos von der Werkstatt und dem Prozess ergänzt habe.
Was hat dich bei der Erstellung des Kunstwerks inspiriert?
Ich wusste, ich möchte dieses Jahr wieder etwas zum Welt-MS-Tag beitragen, und habe mich sofort inspiriert gefühlt, als ich gefragt wurde, ob ich für den Welt-MS & ich-Tag etwas machen möchte.
Ich habe mehrere Leute mit MS gefragt, was für sie das Positive an der Diagnose ist. Was wir gemeinsam haben, ist, dass wir eine neue Perspektive im Leben bekommen haben. Es ist wichtig, den Moment zu genießen und nicht ein Ziel nach dem anderen zu jagen. Man weiß nicht, was morgen kommt, deswegen wird heute umso wichtiger.
Was drückt dieses Kunstwerk aus?
Der Sonnenuntergang ist für mich ein Moment des Genießens und um das Schöne zu sehen. Die Leute stoppen kurz, um ihn zu genießen, obwohl sie schnell von A nach B müssen. Deswegen finde ich den Sonnenuntergang passend, um genau dieses Gefühl zu vermitteln. Es ist eine junge Frau, weil die Mehrheit derer, die die Diagnose MS erhalten, junge Frauen sind. Sie sitzt auf dem Dach, hoch oben über den alltäglichen Räumen, und sieht die Welt jetzt aus einer anderen Perspektive.
Linda Baum „Neue Perspektive“
Wusstest du schon immer, dass du eines Tages als Künstlerin arbeiten möchtest?
Ich habe als Kind immer sehr viel gezeichnet und mich für Kunst interessiert. Ich habe an Zeichenwettbewerben teilgenommen und auch Zeichenunterricht bekommen. Es war immer eine große Leidenschaft von mir. Als meine Großeltern mir in Spanien als junges Mädchen, mit circa 12 Jahren, Salvador Dalis Kunst gezeigt haben, wurde mir klar, dass ich eines Tages auch Künstlerin sein möchte.
Wie beschreibst du deine Kunst?
Meine Kunst ist konkret und figurativ. Ich benutze meine Kunst als Kanal, um etwas zu vermitteln. Ich experimentiere gerne mit den Möglichkeiten meines Materials. In meinen Werken balanciere ich die Gegensätze von dem spielerischen und dem kontrollierten Element.
Wie beschreibst du dich?
Als Künstlerin wie auch im Leben bin ich strukturiert und lasse mich von meinem Bauchgefühl steuern. Dies ergibt oft ein anderes Resultat als erst geplant, aber es wird dadurch immer besser. Ich bin sehr intuitiv und gerne auch spontan. Ich habe grundsätzlich Vertrauen, dass alles, was passiert, aus einem Grund passieren muss, und sehe die Welt mit positiven Augen an.
Was inspiriert dich?
Alles um mich herum: zum Beispiel die Musik, die ich höre, eine Konversation von Fremden, die ich zufällig in der Bahn mitkriege, oder ein Kaugummi unter dem Sitz. All diese Eindrücke lagern sich in meinem Unterbewusstsein ab und erscheinen als klare Bilder vor meinem inneren Auge, die ich malen muss. Es sind oft Momente, in denen ich gar nicht daran denke, die Bilder zu sehen – wie zum Beispiel unter der Dusche oder gerade vor dem Einschlafen. Ich habe so auch oft Ideen verloren, weil ich einschlafe und mich am nächsten Tag nicht mehr erinnern kann. Deswegen schreibe oder zeichne ich sie jetzt sofort auf. Trotzdem kann es vorkommen, dass ich am nächsten Tag nicht mehr erkennen kann, was ich damit gemeint habe.
Hat man als Künstlerin Lieblingskünstler? Wenn ja, wen?
Ich mag viele Künstler. Es kommen immer mehr dazu, andere fallen dann wieder weg. Seit meiner Kindheit hatte ich klassischen Unterricht und musste daher immer korrekt das zeichnen, was ich gesehen habe. Deswegen finde ich es inspirierend, wenn Künstler sich davon lösen können. John Copeland, Rose Eken, Søren Behncke, Eske Kath und John Koerner sind unter anderem im Moment die Künstler, die mich inspirieren. Generell mag ich es, wenn Künstler mutig sind und wichtige Themen bearbeiten.
Hast du Träume für deine und mit deiner Kunst, die du erreichen möchtest? Welche?
Ich möchte meinen Fußabdruck hinterlassen, an den man sich erinnert, international mehr ausstellen und wichtige Projekte unterstützen.