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Als ich meine Diagnose erhielt, wusste ich sofort, dass ich mit meiner Familie und meinen engsten Freundinnen und Freunden darüber sprechen würde. Sie hatten mich durch den gesamten Prozess begleitet, waren an meiner Seite, als die ersten Symptome auftraten, und haben mich durch die Unsicherheit der Untersuchungen getragen. Doch wie gehe ich mit dem erweiterten Freundeskreis, Bekannten oder Kolleginnen und Kollegen um? Muss ich es überhaupt erzählen? Und wenn ja, wann ist der richtige Zeitpunkt? 

Diese Fragen haben mich eine ganze Weile beschäftigt. Ich wollte nicht, dass meine Krankheit im Mittelpunkt steht oder dass mich Menschen anders behandeln. Gleichzeitig wusste ich, dass MS kein Geheimnis sein sollte – zumindest nicht für mich. Also begann ich, mir Gedanken darüber zu machen, wem ich davon erzählen möchte und wie ich es so kommuniziere, dass sowohl mein Gegenüber als auch ich selbst sich damit wohlfühlen. 

Offenheit im Berufsleben – Risiko oder Chance? 

Besonders im beruflichen Umfeld fühlte sich die Entscheidung, offen über meine Erkrankung zu sprechen, wie eine Gratwanderung an. Einerseits wollte ich es vermeiden, mich unter Druck zu setzen, Symptome zu verstecken oder mich selbst über meine Grenzen hinaus zu pushen. Andererseits hatte ich Angst davor, dass meine Fähigkeiten plötzlich infrage gestellt würden oder mir weniger zugetraut würde. 

Letztlich war für mich der ausschlaggebende Punkt, dass ich langfristig gut arbeiten und meine Gesundheit dabei nicht aufs Spiel setzen wollte. Mein Arbeitgeber und mein Team wussten nicht, mit welchen Herausforderungen ich im Alltag umging – und wie auch, wenn ich es ihnen nicht erklärte? Also fasste ich den Entschluss, es anzusprechen, allerdings wohlüberlegt und vorbereitet. 

Ich entschied mich dafür, zunächst mit einer Vertrauensperson zu sprechen und das Gespräch mit der Führungskraft gut zu planen. Mir war wichtig, dass ich nicht nur meine Diagnose nannte, sondern auch direkt erklärte, was sie für meinen Arbeitsalltag bedeutet. Fatigue, Konzentrationsprobleme oder schwankende Belastbarkeit lassen sich schwer greifen, wenn man sie nicht selbst erlebt. Deshalb wählte ich Beispiele, um meine Situation verständlich zu machen, und machte gleichzeitig Lösungsvorschläge. Die Reaktion war überraschend positiv. Meine Offenheit führte nicht zu Ablehnung, sondern zu mehr Verständnis und der Möglichkeit, meine Arbeitsbedingungen ein Stück weit an meine Bedürfnisse anzupassen. 

Einfache Erklärung: Signalstörung

Wie erkläre ich MS? 

Im Laufe der Zeit habe ich gelernt, dass die meisten Menschen wenig über MS wissen – und dass sie oft große Unsicherheiten haben, wenn sie zum ersten Mal davon hören. Viele verbinden die Krankheit sofort mit einem Leben im Rollstuhl, was nicht der Realität vieler Betroffener entspricht. Ich wollte Missverständnisse vermeiden und gleichzeitig verständlich machen, was in meinem Körper passiert. 

Eine einfache Erklärung, die mir geholfen hat, ist der Vergleich mit einer Signalstörung. Das Nervensystem ist wie ein Kommunikationsnetzwerk, das Signale vom Gehirn in den Körper sendet. Bei MS kommt es zu Unterbrechungen in diesem Netzwerk, weil das Immunsystem die schützende Schicht der Nerven angreift. Manche Signale kommen verspätet an, andere werden fehlgeleitet oder erreichen ihr Ziel gar nicht mehr. Das führt dazu, dass manche Symptome kommen und gehen, während andere dauerhaft bestehen bleiben. 

Ich versuche, mich auf mein Gegenüber einzustellen, wenn ich MS erkläre. Manchmal reicht eine kurze, knappe Beschreibung. In anderen Momenten merke ich, dass jemand wirklich verstehen möchte, was es bedeutet, mit dieser Krankheit zu leben. Dann erzähle ich mehr – auch darüber, dass es inzwischen viele Behandlungsmöglichkeiten gibt und dass bei rechtzeitigem Handeln MS nicht automatisch bedeutet, dass man schwer beeinträchtigt ist. 

Reaktionen auf die Diagnose – und wie ich damit umgehe 

Die Art, wie Menschen auf meine Diagnose reagieren, ist unterschiedlich. Manche sind verständnisvoll, stellen interessiert Fragen und wollen wissen, wie sie mich unterstützen können. Andere reagieren verunsichert oder gar überfürsorglich. Und dann gibt es diejenigen, die mir ungefragt gut gemeinte Ratschläge geben oder Heilmethoden vorschlagen, von denen ich noch nie gehört habe. 

Früher wusste ich oft nicht, wie ich bei solchen Reaktionen handeln sollte. Heute habe ich für mich eine Strategie entwickelt: Ich versuche, ruhig zu bleiben und mir bewusst zu machen, dass die meisten Menschen keine böse Absicht haben, sondern einfach nicht wissen, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Wenn mir jemand alternative Heilmethoden ans Herz legt, bedanke ich mich freundlich für das Interesse und erkläre, dass ich mich an wissenschaftlich fundierte Therapien halte. Wenn jemand überrascht sagt: „Aber du siehst doch gar nicht krank aus?“, sage ich: „MS ist eine Krankheit mit vielen unsichtbaren Symptomen. Es gibt gute und schlechte Tage.“ 

Es hilft mir, mir vorher zu überlegen, welche Antworten für mich passen. So fühle ich mich sicherer in Gesprächen und kann auch auf unerwartete Fragen gelassener reagieren. 

"Es war ein Prozess- nicht nur für mich, sondern auch für sie."

Was MS für mein Leben bedeutet – und was sich für mein Umfeld ändert

Die Diagnose hat vieles in meinem Leben verändert. Manche Veränderungen waren offensichtlich, andere schlichen sich langsam ein. Ich habe gelernt, besser auf mich zu achten, meine Energie bewusster einzuteilen und mich nicht zu sehr unter Druck zu setzen. Aber auch mein Umfeld musste sich darauf einstellen. 

Freunde und Familie mussten verstehen, dass ich manchmal Verabredungen absagen muss, weil meine Energie nicht reicht. Bei längeren Unternehmungen brauche ich vielleicht öfter Pausen und bei einem Schub viel Zeit für mich allein. Es war ein Prozess – nicht nur für mich, sondern auch für sie. Doch je offener ich darüber sprach, desto einfacher wurde es. 

Mama, Papa, MS und ich.

In unserer Broschüre finden Sie hilfreiche Tipps für die gelungene Gesprächsführung zwischen Eltern und Kindern. Wir möchten Sie auffordern, dabei in die Erlebniswelt Ihres Kindes einzusteigen

Broschüre Mama, Papa, MS und ich

Unterstützung – aber wie? 

Oft fragen mich Menschen, wie sie mich unterstützen können. Anfangs fiel es mir schwer, darauf eine klare Antwort zu geben. Heute weiß ich: Es hilft mir am meisten, wenn mein Umfeld mir zuhört, ohne Mitleid, sondern einfach mit Interesse. Wenn sie mich fragen, wie es mir geht, aber nicht erwarten, dass ich jedes Mal darüber sprechen möchte. Wenn sie mich in Entscheidungen einbeziehen, statt für mich zu entscheiden, was ich noch kann oder nicht. 

Es gibt auch praktische Dinge, die helfen – wenn sie kleine Pausen mit mir einplanen, spontane Planänderungen akzeptieren oder einfach da sein, wenn ich eine schwierige Phase habe. Doch am wichtigsten ist es, dass sie mich nicht nur als „die Person mit MS“ sehen, sondern als den Menschen, der ich immer war. 

Mein Fazit

Mein Fazit: Es gibt keinen richtigen oder falschen Weg 

Ob, wann und wie ich über MS spreche, ist eine ganz persönliche Entscheidung. Es gibt keinen festen Fahrplan und keine allgemeingültige Regel. Ich habe für mich gelernt, dass Offenheit mir vieles erleichtern kann – aber nur in meinem eigenen Tempo und auf meine Weise. 

Jede oder jeder muss für sich selbst entscheiden, wie viel er oder sie preisgeben möchte und welche Gespräche sich richtig anfühlen. Wichtig ist nur, dass man sich nicht unter Druck setzt – und sich bewusst macht, dass MS zwar ein Teil des Lebens ist, aber nicht die eigene Identität bestimmt.