Reden ist Silber, Schweigen ist Gold? In einer Partnerschaft ist es genau umgekehrt. Aber wie funktioniert gute Kommunikation in einer Partnerschaft? Wir können diverse wissenschaftliche Artikel zu Mechaniken lesen – trotzdem ist der Austausch, gerade in Liebesbeziehungen, sehr individuell. Auch mein Partner und ich mussten für uns einen eigenen Weg für gute Kommunikation finden.
Wir müssen reden!
Früher habe ich das Thema MS und damit verbundene Themen nicht proaktiv in meiner Beziehung angesprochen – dadurch habe ich meinen Partner nicht vollständig an meiner Welt teilhaben lassen. Das hat manchmal zu Unverständnis und Enttäuschung auf beiden Seiten geführt. Für meinen Partner war der Umgang mit meiner MS eher schwierig. Und ich hatte eine Erwartungshaltung, habe diese aber nicht klar kommuniziert. Irgendwann war klar, wir müssen etwas tun, müssen darüber sprechen. Denn wer nicht spricht, kann nicht gehört werden.
Die Komfortzone verlassen
Also habe ich meine Bedürfnisse zu Papier gebracht und gemeinsam mit meinem Partner besprochen. Das Vorgehen hat uns sehr geholfen, weshalb wir das bis heute so handhaben. Schon durch das Aufschreiben bekomme ich eine neutralere Sicht auf die Dinge, zum Beispiel auch auf komplexe, unangenehme Themen, die für mich sehr emotional sind und die ich so besser kommunizieren kann. Dafür müssen beide Seiten ihre Komfortzone verlassen. Dabei hilft es auch, die Themen mit etwas Humor zu nehmen. Eher ernste Themen werden dadurch zugänglicher, die Kommunikation fällt leichter und solche Gespräche werden mehr zur Normalität.
Zusammen sind wir stark
Wer seine*n Partner*in aktiv in die Erkrankung miteinbezieht, der ermöglicht es ihr*ihm auch, die eigene Sichtweise auf die MS zu teilen. Was uns dabei hilft und vielleicht auch euch:
- in die Therapieentscheidung miteinbeziehen, etwa Kontrolluntersuchungen zusammen wahrnehmen oder Blut-/MRT-Ergebnisse gemeinsam ansehen und verstehen
- Unterstützung in der Therapieumsetzung annehmen, zum Beispiel bei der regelmäßigen Einnahme der Medikamente
- mit Wissen versorgen, zum Beispiel MS-Magazine zum Ansehen auf den Couchtisch legen
Natürlich sprechen wir nicht jeden Tag über die MS. Manchmal tut es auch ganz gut, das Thema zu überspringen. Dafür werden ehrliche und ernst gemeinte Fragen für mich gerade in intimen Momenten umso wichtiger. Für ein „Wie geht es dir?“ hole ich dann auch gerne mal mehr aus. Ich möchte gehört werden, eine Reaktion darauf ist für mich dagegen nicht immer nötig. Das Aussprechen meiner Gefühle ist mir absolut wichtig. Dabei versuche ich, mit Feingefühl wahrzunehmen, wann mein Partner offen für tiefere Gespräche ist. Das ist auch seine Erwartungshaltung an mich. Dass er mich mit seinen Ängsten konfrontiert und ich ihm offene Fragen dazu stelle, gehört für mich gleichermaßen zu einer ausgeglichenen Partnerschaft.
Offen und ehrlich über alles sprechen
Erst nachdem ich mit meinem Partner ehrlicher und wir damit als Paar offener kommuniziert haben, konnten wir unsere Beziehung auf die nächste Ebene heben. Sich zu allem auszutauschen, bedeutet, über alles, was mich bewegt, auch mit meinem Partner zu sprechen, zum Beispiel über unsichtbare Symptome meiner MS, die mich beschäftigen, oder Medikamente, die ich einnehme. Meine Psyche und meine mentale Gesundheit, die wiederum einen Einfluss auf den Verlauf meiner Erkrankung haben können. Das ist wichtig, damit das Gegenüber in der Lage ist, zu unterstützen und bei gesundheitlichen Problemen richtig zu agieren und zu reagieren.
Sich Auszeiten als Paar nehmen
Wir versuchen, all diesen Dingen in unserer Beziehung viel Raum zu geben. Und wenn doch ein Gefühl von Desinteresse aufkommt oder die Kommunikation stolpert, genau dann machen eine offene Ansprache und ein Austausch besonders Sinn. Während oder nach turbulenten Phasen kann eine Auszeit als Paar umso wichtiger sein. Dabei können Spannungen abgebaut und neue Energien gesammelt werden. Es eignen sich beispielsweise entspannte Ausflüge in eine Therme oder ans Meer. Wichtig ist es, über die gemeinsame Aktivität wieder näher zueinander zu finden und die Beziehung zu stabilisieren.